Parmenides (Platon)

Der Anfang des Parmenides in der ältesten erhaltenen mittelalterlichen Handschrift, dem 895 geschriebenen Codex Clarkianus (Oxford, Bodleian Library, Clarke 39)

Der Parmenides (altgriechisch Παρμενίδης Parmenídēs) ist ein in Dialogform verfasstes Werk des griechischen Philosophen Platon über Einheit und Vielheit, Sein und Nichtsein. Wiedergegeben wird ein fiktives Gespräch von Platons Lehrer Sokrates mit dem Philosophen Parmenides, nach dem der Dialog benannt ist, dessen Schüler Zenon von Elea und einem Jugendlichen namens Aristoteles, der nicht mit dem berühmten gleichnamigen Philosophen zu verwechseln ist. Der schon betagte Parmenides hält sich mit Zenon besuchsweise in Sokrates’ Heimatstadt Athen auf. Er tritt mit Autorität auf; ihm gegenüber befindet sich der hier erst neunzehnjährige Sokrates in der Position eines Lernenden.

Der gesamte Vorgang ist wahrscheinlich frei erfunden. Parmenides und Zenon lebten im damals griechisch besiedelten Süditalien, wo Parmenides der namhafteste Vertreter der nach seiner Heimatstadt Elea benannten eleatischen Schule war.

Der von einer Rahmenhandlung eingeleitete Bericht über die philosophische Erörterung zerfällt in zwei unterschiedlich gestaltete Teile. Im ersten Teil werden Schwierigkeiten besprochen, die sich aus der platonischen Ideenlehre ergeben: Die Verwendung grundlegender Begriffe wie „Viele“ und „Eines“ führt zu paradoxen Folgerungen, wenn man Ideen als eigenständig existierende metaphysische Entitäten und als Ursachen der Erscheinungen auffasst. Außerdem fehlt eine Erklärung für den Zusammenhang zwischen Ideen und Erscheinungen, und die Ideen scheinen prinzipiell unerkennbar zu sein. Es gelingt nicht, die Probleme zu lösen; die Überlegungen führen in die Aporie (Ratlosigkeit). Der zweite Teil spielt sich zwischen Parmenides und Aristoteles ab: Parmenides gibt Denkübungen vor, die der Vorbereitung auf das Finden von Lösungen für die Probleme des ersten Teils dienen sollen. Die Lösungen selbst werden aber nicht präsentiert.

Der Parmenides gilt als Platons schwierigster und rätselhaftester Dialog. Seit Jahrzehnten ist eine intensive, kontrovers geführte Forschungsdiskussion über den philosophischen Gehalt im Gang, die Forschungsliteratur ist außerordentlich umfangreich. Ein Hauptproblem besteht darin, dass Platon hier die Ideenlehre, einen Kernbestandteil seiner Philosophie, als problematisch und widersprüchlich erscheinen lässt. Umstritten ist, was er mit der Kritik an der Ideenlehre bezweckt hat, ob er sie überhaupt ernst genommen oder nur als Übungsstoff betrachtet hat, welche Konsequenzen er gegebenenfalls daraus gezogen hat und wie die Qualität der einzelnen Argumente im Dialog zu beurteilen ist. Das Spektrum der Deutungen reicht von der Hypothese, Platon habe die Ideenlehre im Alter aufgegeben, bis zu Erklärungen, denen zufolge die Übungen im zweiten Teil den Leser befähigen sollen, die Lösungen selbst zu finden. Einer umstrittenen Hypothese zufolge bietet die nur mündlich übermittelte „ungeschriebene Lehre“ des Philosophen den Ausweg aus der im Parmenides aufgezeigten Problematik.


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